Ein Problem, das ich immer wieder habe, wenn ich vor einem Motiv stehe, bei dem sich das Licht oder die Situation ständig ändert, ist – Bleibe ich bei meinem gewählten Bildausschnitt oder versuche ich doch einen anderen?
Wer kennt es nicht, man steht vor seinem Motiv, hat den Bildausschnitt sorgfältig gewählt und darauf geachtet, dass alles stimmt. Kein Ast, kein Stein ist fehlplatziert oder stört die Bildkomposition. Die Balance und Harmonie passen. Also wartet man, bis die Magie des Sonnenaufgangs zuschlägt. Dieser eine Moment, in dem das Licht über die Berge kommt und die Landschaft trifft. Man ist überzeugt, es gibt nur diese eine Chance, diesen Augenblick darf man nicht verpassen, wenn das Licht am besten ist. Doch dann! Plötzlich kommt die Frage: Ist das wirklich der beste Bildausschnitt?

Bei mir läuft das meistens so: Ich suche mir einen Bildausschnitt, feile an den Details meiner Komposition und dann heißt es warten. Währenddessen filme ich für mein Video B-Roll und mache mit dem Handy Bilder und Clips für Social Media. Und fast jedes Mal entdecke ich mit der Videokamera oder dem Handy einen Ausschnitt, den ich mit der Kamera vorher übersehen habe. Fast immer gefällt mir dieser besser als die Version, die ich eigentlich eingestellt habe. Tja, was tun?
Ein Beispiel. Ich nahm mein Handy, machte ein paar Fotos, um sie Anja zu schicken und verdammt, die sahen besser aus als meine gewählte Komposition! Also wieder die Frage: Wechseln oder bleiben? Habe ich noch Zeit, andere Aufnahmen zu machen, oder riskiere ich, das Licht zu verlieren? Denn oft ist ein Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang schneller vorbei, als man denkt. Eine Minute perfektes Licht – und dann verschwindet die Sonne hinter einer Wolke. Aus und vorbei! Also, nochmal: Was tun?
Genau so war es bei diesem Sonnenaufgang. Ich probierte viel herum, störte mich an der großen Wiesenfläche im Vordergrund, die sich diagonal durchs Bild zog. Die Holzhütte gefiel mir, die Wiese weniger. Aber ich entschied mich für eine Komposition mit Wiese – ein Kompromiss, mit dem ich leben konnte.

Dann nahm ich mein Handy und machte ein paar Bilder um sie Anja zu schicken um ihr zu zeigen, welch Glück ich mit dem Licht habe. Verdammt! Das sieht besser aus als mein gewählter Bildausschnitt. Hm, was tun, wechseln oder bleiben? Hab ich noch die Möglichkeit andere Bilder zu bekommen oder lauf ich Gefahr, das Licht zu verlieren. Nicht nur einmal war ein Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang schnell vorbei. Eine Minute herrliches Licht dann aus. Die Sonne verschwindet hinter einer Wolke und man steht im Schatten. Aus und Vorbei! Also, nochmal. Was tun?

Dann änderte ich den Standort, stellte das Stativ ein paar Meter weiter rechts auf und versuchte den gewünschten Ausschnitt zu optimieren. Am Ende wechselte ich noch einige Male die Position. Zum Glück hielt das Licht – und wurde sogar immer besser. Genau das ist das Schöne an solchen Wetterbedingungen: Durch die Wolken wird das Licht ständig gebrochen, gefiltert und gelenkt. Solche Situationen sind es, die wir Naturfotografen uns wünschen.
Am Ende bleibt immer die Frage: Bleiben oder gehen? Hält man an der gewählten Komposition fest oder wagt man die Veränderung? Bricht man ab oder hofft man noch auf den magischen Moment? Natürlich kann das frustrierend sein – gerade nach einer längeren Durststrecke. Aber für mich macht genau das die Naturfotografie spannend. Wie langweilig wäre es, wenn man an der Location ankommt, ein Foto macht und gleich wieder heimgeht? Ohne diesen Nervenkitzel – kommt das Licht, hält das Licht? – wäre es nicht dasselbe.
Natürlich liebe ich auch die ruhigen Momente, wenn das Licht gleichmäßig ist und man stundenlang entspannt fotografieren kann, etwa an einem Regentag. Da bleibt Zeit, um Motive und Kompositionen in Ruhe zu suchen. Aber ein bisschen gesunder Stress hat noch niemandem geschadet.
Und jetzt meine Frage an dich: Kennst du diese Situation auch? Geht es dir genauso? Liebst du die Herausforderung – oder nerven dich stressige Lichtsituationen eher?














